Zulässigkeit von Umzugskostenpauschalen

Dieser Artikel wurde uns freundlicherweise zu Verfügung gestellt von Herrn Rechtsanwalt Dr. Ralf Stark, Kanzlei Dr. Stark, Niedeggen & Kollegen, Breite Straße 147-151, 50667 Köln, Telefon: (0221) 272470, Telefax: (0221) 27247-77, eMail: kanzlei@drstark.de; Internet: http://www.drstark.de/

In mittelgroßen und großen Eigentümergemeinschaften ist das Problem bekannt: Es werden Umzüge im Hause durchgeführt, es kommt zu Beschädigungen des Treppenhauses und keiner will es gewesen sein. Da der Nachweis der Schadensverursachung schwer oder gar nicht zu führen ist, bietet sich hier als probates Mittel die Erhebung einer Umzugskostenpauschale an. Der nachfolgende Beitrag gibt ei-nen Überblick über die Zulässigkeit und Voraussetzungen der Erhebung von Umzugskostenpauscha-len in einer Eigentümergemeinschaft.

Grundsätzlich ist die Eigentümergemeinschaft aufgrund von § 21 Abs.7 WEG befugt eine Umzugskos-tenpauschale zu beschließen. Dies hat den Vorteil, dass der regelmäßig schwer zu führende Nach-weis, wer einen Schaden im Treppenhaus verursacht hat, entbehrlich wird, weil so bei jedem Umzug der Eigentümergemeinschaft – pauschal – Geld für die Renovierung oder Nachbesserung des Trep-penhauses zufließt und Streitigkeiten innerhalb der Eigentümergemeinschaft vermieden werden. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass pauschalierende und typisierende Regelungen nur dann einer ord-nungsgemäßen Verwaltung entsprechen, wenn die Pauschale maßvoll bemessen ist und nicht zu ei-ner ungerechtfertigten Ungleichbehandlung führt. Im Hinblick auf die Höhe einer Umzugskosten-pauschale hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 01.10.2010 (Az.: V ZR 220 / 09) klargestellt, dass eine Umzugskostenpauschale von EUR 50,00 noch angemessen ist.

Problematisch kann die Erhebung einer Umzugskostenpauschale dann sein, wenn in einer Eigentü-mergemeinschaft Eigentümer ihre Wohnung häufig und kurzzeitig an eine Vielzahl von Personen vermieten (bspw. möblierte Vermietung an Saisonarbeiter). In diesem Fall kommt unweigerlich ein Interessenwiderstreit auf:

Einerseits werden die übrigen Wohnungseigentümer geltend machen, dass es gerade aufgrund der häufigen Umzüge auch häufig zu Beschädigungen des Treppenhauses kommen wird, so dass die er-höhte Belastung mit einer Umzugskostenpauschale für die betroffenen Eigentümer gerechtfertigt ist oder/und eben nur solche Eigentümer von einer Umzugskostenpauschale erfasst werden sollen, wel-che eine derartige Vermietung durchführen. Die so betroffenen Wohnungseigentümer werden ande-rerseits regelmäßig geltend machen, dass bei einer möblierten Vermietung aufgrund eines eben nicht mit Möbeln stattfindenden Ein- oder Auszuges die Wahrscheinlichkeit von Beschädigungen des Treppenhauses de facto sogar geringer ist, so dass die Erhebung einer Umzugskostenpauschale für diese Fälle grundsätzlich, in jedem Fall aber beschränkt auf diese Fälle, nicht sachgerecht ist.

Der Bundesgerichtshof hat in der vorerwähnten Entscheidung auch insoweit Klarheit geschaffen und ausgeführt, dass die Erhebung einer Umzugskostenpauschale, welche nur Umzüge im Zusammen-hang mit befristet vereinbarten Nutzungsverhältnissen erfasst und Umzüge der Eigentümer aus-klammert, welche unbefristete Mietverhältnisse vorzuweisen haben, gegen das im Gemeinschafts-verhältnis zum Tragen kommende Gleichbehandlungsgebot verstößt. Begründet wurde dies damit,

dass nichts dafür ersichtlich sei, dass die ausgenommenen Umzüge zu signifikant geringeren Belas-tungen des Gemeinschaftseigentums führen.

Demgemäß ist festzuhalten, dass selbstverständlich auch die Eigentümer, welche häufig und kurzzei-tige Mietverhältnisse eingehen und möbliert vermieten, von der Umzugskostenpauschale erfasst werden können. Unzulässig ist es lediglich eine Umzugskostenpauschale auf diese Eigentümer zu be-schränken.

Im Zusammenhang mit der Erhebung einer Umzugkostenpauschale tritt nicht selten ein zweites Problem auf: Wann liegt ein Umzug vor? Liegt bereits dann ein Umzug vor, wenn eine weitere Per-son? möglicherweise ohne Möbel – in die Wohnung einzieht oder ist hierfür zu fordern, dass er zu-mindest einige – wenige – Gegenstände in die Wohnung verbringt? Falls ja, ab wie vielen Gegenstän-den, in welcher Größe, soll ein Umzug vorliegen und zum Anfall der Umzugskostenpauschale führen?

Diese sehr theoretisch klingenden Fragen, werfen in der Praxis nicht selten Probleme auf und geben Anlass zu Streitigkeiten innerhalb einer Eigentümergemeinschaft. Dies gilt umso mehr vor dem Hin-tergrund, als die zugrunde liegenden Fakten, welche zum Anfall einer Umzugskostenpauschale füh-ren, regelmäßig „ermittelt“ werden müssen, was ebenfalls einem vernünftigen Miteinander inner-halb der Eigentümergemeinschaft abträglich ist.

Als Lösungsmöglichkeit bietet sich hier an, die Erhebung einer Umzugskostenpauschale davon ab-hängig zu machen, dass ein neues Namensschild an dem Briefkasten, der Klingel- oder/und der Woh-nungseingangstür angebracht, sodass in diesem Fall unwiderlegbar vermutet wird, dass ein Umzug vorliegt.

Praxishinweis:

Der Eigentümergemeinschaft ist zur Vermeidung von Streitigkeiten zu empfehlen eine Umzugskos-tenpauschale von EUR 50,00 pauschal zu beschließen, welche jeder Eigentümer zu bezahlen hat, wenn in seiner Wohnung ein Umzug stattfindet. Diese Umzugskostenpauschale sollte zur Vermei-dung von „Ermittlungstätigkeiten“ und Unstimmigkeiten – unbeschadet von der Frage, ob tatsächlich ein Umzug stattgefunden hat – immer dann fällig werden, sobald ein neues Namensschild an dem Briefkasten, der Klingel- oder und der Wohnungseingangstür angebracht wird. Daneben sollte die Ei-gentümergemeinschaft beschließen, dass tatsächlich erfolgende Umzüge innerhalb des Hauses rechtzeitig (zumindest 10 Tage vorher) dem Verwalter oder/und dem Hausmeister angezeigt werden, damit vor Beginn des Umzuges und unmittelbar danach eine Begehung des Treppenhauses stattfin-den kann und Schäden (mit Zeugen, Lichtbilder und/oder einen Begehungsprotokoll) gerichtsfest do-kumentiert werden können. Diese Anzeigeverpflichtung sollte „strafbewehrt“ sein (bspw. doppelte Pauschale), damit die Eigentümer angehalten werden, ihrer Anzeigepflicht nachzukommen. Den Vermietern ist zu empfehlen, dass sie bei Abschluss ihrer Mietverträge die Mieter auf die bestehen-den Pflichten hinweisen und die Mieter in diese Pflichten einbinden, damit die Kosten bei Zuwider-handlungen der Mieter an diese entsprechend weiter gegeben werden können.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 01.10.2010, Az. V ZR 220/09

RA Dr. Stark, 22.12.2010

Rechtlicher Hinweis

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